Rehabilitation

Reha-Maßnahmen im Überblick

Bei leichteren Störungen ist oft eine ambulante Rehabilitation ausreichend.

Bei mittleren bis schweren Krankheitssymptomen der MS sowie Beeinträchtigungen und Einschränkungen in verschiedenen funktionellen Systemen kann ein Klinikaufenthalt zur Rehabilitation sinnvoll sein. Intensive Therapiephasen lassen sich dort bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 3-4 Wochen am effektivsten durchführen.

Der Therapieplan mit den angestrebten Trainingszielen wird für die Patient*innen individuell zusammengestellt und enthält Angebote der folgenden Fachbereiche:

  • Physiotherapie/Krankengymnastik
  • Ergotherapie
  • Logopädie
  • Hippotherapie
  • Neuropsychologie
  • Blasen-und Darmtraining
  • Rollstuhltraining
  • Gebrauch und Anpassung von Hilfsmitteln

Details zu den Reha.Maßnahmen finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

Die angestrebten Ziele der Reha-Maßnahmen sind:

  • die motorischen Funktionen, die gesamte Mobilität zu verbessern
  • Umgang mit bestehenden Defiziten erlernen
  • die Kognitiven Funktionen und funktionelle Leistungsfähigkeit positiv zu beeinflussen
  • Spastik, Schmerzen und Blasen-/Darmsymptome zu reduzieren
  • Spätkomplikationen wie Muskelverkürzungen, Fehlhaltungen, Druckstellen, Thrombosen und Atemproblemen vorzubeugen

Für die Übernahme der Kosten des Reha-Aufenthalts muss eine ärztliche Verordnung vorliegen, die die medizinische Notwendigkeit bestätigt und die Rehabilitationsziele ausweist.

Der Bundesverband der DMSG verleiht MS-Akutkliniken, MS-Rehabilitationskliniken und MS-Schwerpunktpraxen das Zertifikat „Anerkanntes MS-Zentrum“. Diese Auszeichnung gibt MS-Erkrankten eine unabhängige, verlässliche Orientierung nach strengen Kriterien, die vom Ärztlichen Beirat des DMSG Bundesverbandes erarbeitet wurden.

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Reha-Maßnahmen im Detail

Die MS kann verschiedenartige Bewegungsstörungen hervorrufen.

Sie treten als Lähmungen in Kombination mit zu großer oder zu wenig Muskelspannung auf, oder zeigen sich als Koordinationsstörungen des gesamten Bewegungsablaufs. Selten treten einzelne Symptome auf, meistens kommt es zu Mischformen.
Forschungsergebnisse der Neurohabiltation belegen, dass nach einer Schädigung im Zentralen Nervensystem Anpassungsvorgänge stattfinden, die auf eine Erholung und Neuordnung ausgerichtet sind. Um diese Neuorganisation zu optimieren, sind physiotherapeutische Maßnahmen unerlässlich. Es ist nötig, sich bereits in der Frühphase der Erkrankung einer physiotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, damit folgenschwere Kompensationsmechanismen vermieden werden können.

Welche Symptome sind therapiebedürftig?

  • Zentrale Lähmungen, die sich als Störungen im Tonus (Muskelspannung) und der Motorik äußern, so dass Bewegungen durch zu viel oder zu wenig Muskelspannung erschwert oder unmöglich gemacht werden.
  • Koordinationsstörungen, die das Zusammenspiel der Muskeln stören, so dass Gang, Haltung und Zielbewegungen unsicher werden (Rumpf- , Stand-, Gangataxie oder gliedkinetische Ataxie).
  • Tiefensensibilitätsstörungen, die die richtige Stellung der Gelenke verhindern und dami die Feinmotorik und stören.
  • Gleichgewichtsstörungen, die eine Anpassung des Körpers bei einer Körperschwerpunktveränderung verhindern.
  • Schmerzen, die sich sekundär aus Problemen des Stützapparates auf Grund von Fehlhaltungen und Kompensationsmechanismen entwickeln oder primär durch die Erkrankung hervorgerufen werden.
  • Schwindel, der sich aus einer Störung der Koordination der Signale verschiedener Sinnessysteme ergibt
  • Blasenstörungen, die z.B. durch nervale Störungen der Schließfunktion der Blase ausgelöst werden.

Wegen der meist vielfältigen der Symptomatik sind oft längere Behandlungzeiten notwendig. Die Therapie muss immer dem Alltag des Patienten angepasst werden, seine spezifischen Bedürfnisse beachten. Auch die Tagesschwankungen, die individuell unterschiedlich ausfallen, müssen bei den therapeutischen Maßnahmen berücksichtigt werden. Jede Therapie zur Stabilisierung und zum Wiedererlernen der Bewegungsabläufe, die das tägliche Leben abverlangt, erfordert die Aktivität des Patienten. Alle Anpassungsvorgänge der Zentralen Nervensystems kommen nur durch diese Aktivierung zustande. Medikamente können unterstützend zur Reduzierung bestimmter Symptome eingesetzt werden.

Ergotherapie ist eine besondere Form der Aktivierungs- und Beschäftigungstherapie zur Rehabilitation kranker und behinderter Menschen, die von der Annahme ausgeht, dass Tätigsein und gezielt eingesetztes Tun menschliche Grundbedürfnisse sind und therapeutische Wirkung haben (ergein gr. = tun, handeln, arbeiten). Es ist eine ganzheitliche Therapiemethode, die psychologische, pädagogische und soziale Aspekte in die Behandlung einbezieht. Oberstes Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit des Kranken im persönlichen, beruflichen und sozialen Umfeld zu erhalten oder wieder zu erlangen.

Unter Anleitung des Ergotherapeuten werden Fähigkeiten des täglichen Lebens praktisch geübt, durch wiederholtes Trainieren werden – teilweise unter Einsatz von Hilfsmitteln –krankheitsbedingte Einschränkungen reduziert und verloren gegangene Bewegungsabläufe wieder erworben.  Die Ergotherapie kann sich auch darauf richten, neben der Bewegungsfähigkeit das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit zu trainieren und zu verbessern. Kreative Tätigkeiten, die ein hohes Motivationspotential haben, ergänzen in der Ergotherapie das rein funktionelle Training.

Ergotherapeutinnen und- therapeuten werden in unterschiedlichsten Fachbereichen eingesetzt: in der Neurologie, Psychiatrie, Geriametrie, Orthopädie. Sie arbeiten in Kliniken, Rehabilitationszentren, ambulanten Ergozentren, Altersheimen und eigenen Praxen.

Die ergotherapeutischen Maßnahmen bei MS müssen individuell nach sorgfältiger Prüfung der Probleme und Bedürfnisse des Patienten festgelegt werden.

Man unterscheidet generell zwischen sensomotorischen und neuropsychologisch/psychischen Symptomen d.h. zwischen den Bereichen der Motorik (Spastizität, Muskelschwäche, Tremor, Koordinationsstörungen), der Sensibilität, der Sehstörungen, der Blasen-und Darmfunktionen, und den Bereichen der Psyche (Depressionen etc.) und Kognition (Gedächtnis, Konzentration, Wahrnehmung etc.).

Für die sensomotorischen Probleme stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

  • Spastizitätshemmung
  • Kontrakturbehandlung
  • Sensibilitätstraining
  • Funktionelles Training
  • Selbsthilfetraining

Für die neuropsychologisch/psychischen Probleme werden folgende Behandlungsmittel eingesetzt:

  • Kognitives Training (Gedächtnistraining)
  • Kreatives Training
  • Soziales Training (Kontakte, Hobbies, Freizeit)

Die wichtigsten Ziele der Ergotherapie sind, vorhandene Fähigkeiten zu erhalten, vor allem aber neue Strategien zu erlernen und zu üben, die die kräfteökonomische Bewältigung der Alltagsaufgaben und ein Höchstmaß an Selbstständigkeit ermöglichen.

Die Sozialversicherungen und Krankenkassen übernehmen die Kosten für Ergotherapie nach Maßgabe einer ärztlichen Indikation und Verordnung.

Die MS beeinträchtigt in einigen Fällen die Atmung damit die Fähigkeit korrekter sprachlicher Artikulation. Häufig tritt eine Kombination aus Sprechstörung (Dysarthie, abgehackte oder verwaschene Sprache bei Kleinhirnstörungen) und Stimmstörung (Dysphonie) auf. Laute Wörter und Sätze können nicht mehr deutlich und verständlich ausgesprochen werden. Die Stimme kann heiser, schwach und gepresst klingen. Seltener finden sich Sprachstörungen (Apasie): das Sprachzentrum ist betroffen, z.B. sind bekannte Wörter nicht vefügbar.

Hier ist eine logopädische Therapie angezeigt. Mit Unterstützung des Logopäden kann man Techniken entwickeln, Töne aus dem Bauch heraus zu erzeugen und dabei den gesamten Brustkorb als Resonanzkörper zu nutzen. Logopäden/innen finden Sie über Ihren Arzt, Ihre Klinik oder den Logopädenverband.

Die Hippotherapie ist für die meisten Patienten eine besonders angenehme, medizinisch anerkannte, wirksame Behandlungsmaßnahme gegen Spastik und Gleichgewichtsstörungen bei MS. Es ist eine Physiotherapie, die mit Hilfe eines kleinen Pferdes durchgeführt wird, dessen Bewegungen auf den Patienten im Sattel übertragen werden. Eine spezielle Rampe erleichtert dem Behinderten das Aufsteigen, Anschnallgurte und Haltegriffe sorgen dafür, dass er sicher auf dem Reittier sitzt. Der geschulte Therapeut geht neben dem Pferd her, lenkt es per Langzügel und bestimmt, welche Übungen durchgeführt werden.

Das therapeutische Reiten hat positive Auswirkungen auf den Körper und die Psyche des Patienten, der meist bald einen engen freundschaftlichen Kontakt mit dem vierbeinigen Helfer hergestellt hat. Die pysiotherapeutische Wirkung dieses heilpädagogischen Reitens beruht maßgeblich auf der Tatsache, dass der Bewegungsablauf des Pferdes im Schritttempo das Becken des Reiters mit den gleichen dreidimensionalen Schwingungsimpulsen versorgt, die auch beim menschlichen Gehen entstehen. Diesen Effekt nutzt die Hippotherapie, um den Patienten vom Becken aufwärts an seine motorischen Funktionen während des Gehens zu erinnern. Überdies erzeugt dieses Reiten eine Lockerung der gesamten Muskulatur und trainiert die Stütz-, Haltungs- und Gleichgewichtsreaktionen.

Die Therapie dauert etwa 20-30 Minuten und erfordert eine sich anschließende Ruhe – und Entspannungsphase. Keine andere pysiotherapeutische Methode kann einen Behinderten eine so deutlich spürbare Bewegungserfahrung vermitteln und auf diesem Wege die taktile Wahrnehmung, die Reaktionsfähigkeit und Geschicklichkeit stimulieren und verloren gegangenes Körperbewusstsein reaktivieren. Körperliche Voraussetzungen für diese Reittherapie sind eine gewisse Stabilität im Rumpf, damit selbstständiges Sitzen möglich ist, und nicht zu stark geschädigte Beine, die das Aufsteigen (mit Unterstützung)zulassen.

Bis 1998 wurden die Kosten für die Hippotherapie von den Krankenkassen übernommen.

Heute muss man sie selbst bezahlen. Wenn sie ärztlich verordnet ist und von Physiotherapeuten mit Zusatzausbildung für diese spezielle Therapieform durchgeführt wird, übernimmt die MS-Gesellschaft Berlin für Ihre Mitglieder einen Kostenbeitrag.

Besonders die unsichtbaren Symptome der MS tragen zu Verunsicherung und Angst der Betroffenen bei und lassen sich Angehörigen und Mitmenschen schwer vermitteln.

Es sind dies die kognitiven Störungen, die bei 45-65 % der MS-Kranken auftreten. Diese Beeinträchtigungen sind nach heutiger medizinischer Erkenntnis unabhängig vom Verlaufstyp und der Dauer der Erkrankung.

Am häufigsten treten Störungen in folgenden Bereichen auf:

  • Aufmerksamkeit
  • Langzeitgedächtnis
  • Konzeptbildung
  • Abstraktionsvermögen
  • Planen
  • Problemlösung

Sie können erstes Anzeichen der MS sein, müssen jedoch im weiteren Verlauf nicht auftreten. Wenn sie sich im Schub manifestieren, können sie sich auch wieder zurückbilden.

Allgemeine Aussagen lassen sich also auch für diese neuropsychologischen Aspekte nicht machen. Die individuell so unterschiedliche Symptomatik macht es erforderlich, gründliche neuropsychologische Untersuchungen durchzuführen. Neurologische Untersuchungen reichen keinesfalls aus.

Viele Betroffene oder deren  Angehörige bemerken auch rasche Ermüdbarkeit, gesteigertes Schlafbedürfnis, Verlangsamung, Ablenkbarkeit, Antriebslosigkeit, Reizbarkeit und gesteigerte Empfindlichkeit. Nur nach Feststellung des individuellen Beeinträchtigungsprofils eines Patienten kann ein gezieltes Funktionstraining geplant und aufgenommen werden. Die beeinträchtigten Aufmerksamskeitskomponenten werden einzeln und zeitlich nacheinander nach einem wissenschaftlich geprüften, neuropsychologischem Therapieverfahren trainiert.

Patienten zeigten z.B. nach zwölf 40 minütigen Sitzungen über 3 Wochen deutliche Funktionsverbesserungen. Die positiven Therapieaspekte blieben über den Untersuchungszeitraum von weiteren sechs Wochen (für die zuletzt trainierte Funktion) erhalten: geringere Ablenkbarkeit, verminderte Erschöpfbarkeit, reduzierte Verlangsamung.

Die Kernidee ist dabei, auf gesunden d.h. noch funktionsfähigen Hirnleistungen aufzubauen. So können Schädigungen (z.B. des Gedächtnisses) kompensiert d.h. auf Umwegen (über andere Hirnstrukturen) erfasst und teilweise aufgefangen werden.

Darüber hinaus müssen vom Therapeuten Einstellungs- und Verhaltensenderungen angeregt und unterstützt werden. Leider gibt es bisher nur wenige auf diesen wichtigen Bereich spezialisierte Kliniken. Die unerlässliche Zusammenarbeit mit der Ergotherapie, Psychotherapie und Physiotherapie ist bei einer stationären Rehabilitation besonders gut gewährleistet.

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